Deload im Training
Trainingspausen für Deine Ziele
von David Klinkhammer, 03/23, Lesezeit: 4 Minuten
Als Training definiert man alle getroffenen Maßnahmen für die Erreichung eines inhaltlich mit einem gewissen Ausmaß definierten Zieles, welches in einem gesetzten Zeitraum erreicht werden soll. Grob- und Feinplanung des Trainings, die Kontrolle nach festgelegten zeitlichen Abständen und die damit verbundene Evaluation der Maßnahmen und der daraus möglicherweise resultierenden Anpassung von Trainingsparametern sind stetige Begleiter im Planungsprozess. Im Sinne einer erfolgreichen Durchführung müssen im Verlauf die Methoden, Umfänge und Intensitäten des Trainings variieren, um die gewünschten anatomischen und physiologischen Anpassungen zu erzielen.
Unterschätze Erholungsphasen
Während der Fokus in der Planung jedoch vermehrt auf die Belastung gelegt wird, werden erholungsfördernden Maßnahmen allenfalls eine untergeordnete Rolle zugewiesen. Die Slogans „Viel hilft viel“ und „No pain no gain“ sind leider immer noch feste Mantras im Sport. Das Ende einer Trainingseinheit geht idealerweise mit der Ermüdung des Bewegungsapparates bzw. dem kompletten Organismus einher. Der Körper benötigt dann Zeit, um den erholten Ausgangszustand von vor dem Training zurückzuerlangen. Hierbei soll ein physiologisches Gleichgewicht (Homöostase) der Körperfunktionen wiederhergestellt werden, um den Körper wieder für neue Reize empfänglich zu machen.
Zudem finden vor allem für den Kraftsport relevante anabole Anpassungsprozesse durch die Ausschüttung von Wachstumshormonen und damit verbunden die Proteinbiosynthese während regenerativer Prozesse zwischen den einzelnen Trainingseinheiten statt. Ein Grund mehr, den Fokus auf Qualität und Quantität der Erholungsphasen zu legen. Ein Konzept, welches beide Voraussetzungen bedient und immer mehr an Popularität gewinnt, ist der Deload.
Was ist ein Deload beim Training?
Erholungsphasen können aktiv und passiv gestaltet werden. Passive Maßnahmen umfassen etwa ausreichenden und erholsamen Schlaf, eine adäquate Ernährung, Wärme- und Kältebehandlungen durch Sauna bzw. Kältekammern, Entspannungsmethoden (bspw. progressive Muskelrelaxation) und/oder Sportmassagen. Aktive Maßnahmen der Regeneration umfassen vor allem die Integration von Bewegungen in geringer Intensität. Hierunter zählt auch der Deload.
Deload - zu Deutsch „Entlastung“ - meint die bewusste Reduzierung von Trainingsreizen mit dem Ziel, den Körper auf die Anforderungen nachfolgender Einheiten besser vorzubereiten. Statt einer stetig steigenden Belastungsorientierung in der zeitlichen Ausrichtung der Trainingsplanung, soll in der Deload-Woche die Belastung systematisch gesenkt werden. Das ist deswegen sinnvoll, da eine fortlaufende Intensivierung der Trainingseinheiten mit einer progressiven Ermüdung des Körpers einhergeht.
Leistungsabfall bzw. -plateaus sind eine primäre Konsequenz. Hieraus wiederum resultiert eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit durch übermäßig beanspruchte Strukturen des Bewegungsapparates. Zudem kann neben dem Körper auch der Geist zur Ruhe kommen und das Training in den nächsten Einheiten mit voller psychischer Leistungsbereitschaft positiv beeinflussen.
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Wie gestaltet man einen Deload?
Ein Deload kann auf unterschiedliche Art und Weise durchgeführt werden. Der Schwierigkeitsgrad koordinativ anspruchsvoller Übungen kann durch weniger komplexere Übungen ersetzt werden. So könnte etwa die Übung Bankdrücken durch die maschinell gestützte Übung Brustpresse ersetzt werden. Jedoch ist beim Austausch von Übungen darauf zu achten, dass keine neuen ungewohnten Bewegungen eingearbeitet werden, welche den Regenerationsprozess wieder verlangsamen würden.
Eine Verringerung der Intensitäten durch die Reduzierung des prozentualen Anteils des One Repetition Maximums (1-RM) ist beim Deload obligatorisch, um die neuronale Belastung bei Muskelkontraktionen zu reduzieren. So ließen sich etwa die Intensität von 3 Wiederholungen bei 90 % des 1-RM auf 6 Wiederholungen bei 80 % des 1-RM reduzieren. Die Anpassung der Beanspruchung sollte dabei auch zu einer subjektiv wahrgenommenen geringeren Anstrengung (Reps in Reserve) führen. Hier wird auf das Muskelversagen am Ende eines Satzes verzichtet, indem das Gewicht so weit reduziert wird, dass der Trainierende noch 2-3 Wiederholungen mehr hätte durchführen können.
Eine Anpassung des Trainingsvolumens, etwa durch die Reduzierung der Wiederholungen und Sätze um 25-50 %, sowie der Verringerung der Anzahl aller Übungen reduzieren den Belastungsumfang einer Trainingseinheit und sollten ebenfalls Bestandteil eines Deloads sein.
Wie lange sollte man „Deloaden“?
Ein Deload dauert in der Regel eine Woche, kann sich aber je nach Trainingsausrichtung von lediglich einer Trainingseinheit bis zu zwei Wochen ausdehnen. Dabei gilt, je intensiver die Belastung, desto länger der Deload. Der Begriff ist im Übrigen nicht zu verwechseln mit dem Tapering, welches die Belastungsreduzierung in den unmittelbaren Wochen vor einem Wettkampf beschreibt.
Wie oft sollte man einen Deload machen?
Eine langfristige Trainingsplanung splittet sich in Makro-, Meso- und Mikrozyklus. Dabei spiegelt der Makrozyklus (4-6 Monate) in der Regel ein langfristiges Trainingsziel wider und umschließt bspw. die Vorbereitung auf einen Wettkampf. Den Makrozyklus unterteilt man in mehrere Mesozyklen (4-6 Wochen), welche mit Teilzielen versehen werden. Der Mikrozyklus spiegelt dann die einzelnen Trainingswochen (1-2 Wochen) wider, während der Trainingstag den kleinsten Teil der Trainingsplanung markiert. Innerhalb eines Mesozyklus verändern sich Belastungsumfänge und -intensitäten ganz im Sinne des Trainingsprinzips der progressiven Belastungssteigerung.
Mit Abschluss eines Mesozyklus ist es sinnvoll, die Trainingsmethode zu ändern, um den Organismus neuen und intensiveren Reizen auszusetzen. In diesen Übergangsphasen wäre ein Deload sinnvoll, da Umfang und Intensität am Ende eines Mesozyklus idealerweise ihr Maximum erreicht haben. Neben der proaktiven Form durch Einplanung in einen festen Trainingszyklus, sollten Deloads auch als Reaktion plötzlich auftretender Ermüdung spontan eingeplant werden. Denn leider lassen sich keine Vorhersagen für einen idealtypischen Trainingsablauf treffen. Intrinsische (bspw. Stoffwechselprozesse) und extrinsische Faktoren (Umwelteinflüsse) nehmen starken Einfluss auf den Leistungsstand des Trainierenden und können einen Deload bereits vorzeitig erforderlich machen.
Ist ein Deload sinnvoll?
Während die Vermeidung des Übertrainings und die Reduzierung der Verletzungsanfälligkeit durch eine Deloadwoche eindeutig sind, gibt es Hinweise darauf, dass Anpassungsprozesse ebenfalls schneller vonstattengehen. So existieren Studien, die darauf hinweisen, dass die Verringerung der Ermüdung infolge eines Deload-Trainings mit der Zunahme von Muskelgröße, Kraft, Leistung und Geschwindigkeit einhergehen. So konnten etwa Kraftzuwächse (1-RM) nach einem zweiwöchigen Deload beim Backsquat und beim Bankdrücken festgestellt werden.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Gewährung von Erholungsphasen nach einem anstrengenden Training dazu beitragen kann, die hypertrophe Reaktion (Muskelquerschnittwachstum) zu maximieren und Kraftzuwächse zu fördern, während gleichzeitig das Potenzial für Stagnation und Übertraining während des Trainingszyklus verringert werden. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass Deload-Phasen bei krafttrainierenden Männern den Serumtestosteronspiegel erhöhen und den Serumcortisolspiegel senken, was für die Skelettmuskelhypertrophie von Vorteil sein kann.
Leider gibt es abgesehen von den genannten Erkenntnissen wenig Studien, die die Wirksamkeit im Sinne schnellerer Anpassungsprozesse belegen. Die beste Möglichkeit ist hier immer noch der Selbstversuch, in dem ein Deload nach belastungsintensiven Wochen in die Planung eingebaut wird bzw. eine ehrliche Körperwahrnehmung, die den Organismus frühzeitig über einen ermüdeten Zustand informiert und die Planung einer regenerativen Phase notwendig macht.
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Über David Klinkhammer:
David Klinkhammer ist mit seinem Hintergrund als Sportwissenschaftler (B.A.), Fitness- und Athletiktrainer sowie Ernährungsberater, Tutor & Dozent an der Deutschen Sportakademie. Hier betreut & begeistert er die Studenten zu Themen wie Trainingsplanung- und Steuerung, Fitnesstraining in der Praxis, zielgruppenspezifische Trainingsplanung im Cardiotraining und Motivationstraining im Personal Training.
Als leidenschaftlicher Sportler und selbstständiger Fitnesstrainer bietet er Bootcamps und Athletiktrainings in Köln an. Abschalten kann er am besten beim Kochen, bei dem er seine kulinarische Inspiration überwiegend von den vielen Reisen durch Europa und Asien hernimmt.