Bootcamp // Instructor
Die Sportler im Park schmettern schwere Seile auf den Boden, schwingen Kettlebells, bewegen sich flink durch neongelbe Bodenleitern oder ziehen ihren Körper an Ringen hoch – Bootcamps werden immer beliebter. David Klinkhammer zeigt, auf was du bei dieser Trainingsform als Instructor achten solltest.
Von David Klinkhammer
Der Begriff „Bootcamp“ kommt aus den USA und ist nicht nur der Name für ein Trainingslager für straffällig gewordene Jugendliche, sondern steht auch für die Grundausbildung des amerikanischen Militärs. Dieses impliziert ein Training, welches das Individuum an seine Belastungsgrenzen führen soll – Schmerz, Tränen und Schweiß inklusive. Um hieraus eine massentaugliche Trainingsform zu konzipieren, müssen bestimmte Trainingsprinzipien eingehalten und ein gewisses Maß an Härte herausgenommen werden. Stacheldraht und gefährliche Hindernisse werden durchfitnesstaugliche Gadgets ersetzt. Lediglich der Outdoor und Gruppenaspekt bleibt erhalten.
DIE GRUPPE ALS MOTOR
Die Gruppe der Teilnehmer und die hieraus entstehende Dynamik ist der Motor, der jedes Bootcamp befeuert. Die Erwartungshaltung an den Instructor ist keine geringere, als dass jede Einheit zu einem herausfordernden Erlebnis werden sollte. Das Durchhaltevermögen jedes Teilnehmers wird bei jeder Übung immer wieder aufs Neue auf die Probe gestellt. Der Instructor erklärt, motiviert und feuert an. Metaphern wie beim Mountainclimbing „Die letzten Meter bis zur Bergspitze!“ oder bei Übungen mit dem Battle Rope „Man hört die Regenwürmer unter der Erde zum Beat tanzen, weiter so!“ pushen die Teilnehmer zu Höchstleistungen. Challenges wie beispielsweise ein Tauziehen mit dem Battle Rope bringen Abwechslung und motivieren die Gruppe durch den Wettkampfcharakter dazu, alles zu geben. Meist bestehen Bootcamps aus sehr heterogenen Gruppen. Es gibt Teilnehmer, die den „Tritt in den Hintern“ benötigen, um sich anzustrengen, anderen muss man mit viel mehr Einfühlungsvermögen und Akzeptanz entgegentreten und jede kleinste Leistung würdigen. Eines bleibt allen Bootcamp-Teilnehmern jedoch gemein: Sie haben Lust auf ein belebendes, vielseitiges und anstrengendes Workout an der frischen Luft.
WAHL DES ORTES
Ein geeigneter Trainingsort zeichnet sich zunächst durch eine gute Erreichbarkeit aus. Eine Wiese z. B. eignet sich in den Sommermonaten gut für das Training. Bei Regen und in den Wintermonaten birgt sie jedoch eine Rutschgefahr und dein Equipment wird hier ordentlich in Mitleidenschaft gezogen. Eine asphaltierte Fläche verliert bei gewissen Temperaturen ebenfalls an Traktion, aber man läuft keine Gefahr, im Schlamm zu versinken. Je nachdem, zu welcher Uhrzeit du das Bootcamp durchführst, musst du die Beleuchtung bedenken. Optimal für ein Training im Dunkeln ist eine mit Straßenlampen ausgestattete Trainingsfläche; alternativ kannst du Akkustrahler einsetzen.
SICHERHEIT
Das Thema „Sicherheit“ macht den wichtigsten Aspekt der Vorbereitung eines Bootcamps aus. Als selbstständiger Trainer trägst du die Verantwortung für deine Teilnehmer. Du kannst für Schäden verantwortbar gemacht werden. Daher ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung zwingend erforderlich. Selbstständige nebenberufliche Tätigkeiten bis zu einem gewissen Jahresumsatz sind hier meist abgedeckt. Alles, was darüber hinausgeht, musst du mit einer zusätzlichen Berufshaftpflichtversicherung abdecken. Es ist außerdem empfehlenswert, deine Teilnehmer eine schriftliche Verzichtserklärung unterzeichnen zu lassen. Darin erklären sie, dass sie auf eigene Gefahr trainieren. Solltest du jedoch grob fahrlässig gehandelt haben, z. B. defekte Materialien zur Verfügung gestellt haben, greift diese Erklärung natürlich nicht.
EQUIPMENT
Parkbänke eignen sich für Squat Jumps, Liegestütze,Bulgarian Split Squats u. v. m. Eine große freie Fläche ist perfekt für Pendelläufe und Hügel für Bergsprints. Die starken Äste von Bäumen werden für Schlingentrainer verwendet, am Stamm können Tubes und Widerstandsbänder fixiert werden. Meine Basisausstattung als Bootcamp Instructor beinhaltet folgende Tools: Schlingentrainer, Hütchen, Minibands und Powerbands (leicht, mittel), Springseile, Intervalltimer (Handy + Lautsprecher), Koordinationsleiter, Trainingsmatten, Erste-Hilfe-Kit und Desinfektionsspray. Zusätzlich eignen sich Kettlebells à 8 kg und 12 kg, Slamballs (5 kg), ein Battle Rope, ein Battle Rope Jump Rope (2,7 kg), ein Suspension-Resistance-Band-Tool (Ko 8), Reflecting Lights (Blazepods) und ein Inertia Wave (oszillierender Widerstandsschlauch).
DIE TRAININGSEINHEIT
Eine Bootcamp-Einheit sollte, wie andere Trainingseinheiten auch, aus einem Warm-up, einem Hauptteil und einem Cool-down bestehen. Beim Warm-up wird der Körper auf Temperatur gebracht, die körperliche Leistungsbereitschaft wird verbessert und die Gelenke werden geschmiert. Große, weitläufige Flächen laden zum gemeinsamen Rundenlaufen ein, nachdem mit Hütchen die Begrenzungen festgelegt wurden. Im Anschluss können sich die Teilnehmer auf einer Seite der Fläche positionieren und Lauf-ABC-Übungen wie Skippings, Kniehebeläufe oder Anfersen zur anderen Seite der Fläche durchführen. Im weiteren Verlauf können im gleichen Streckenabschnitt dynamische Übungen wie z. B. weite Ausfallschritte vorwärts und seitwärts durchgeführt werden, die im Hauptteil zur nötigen Mobilität der Gelenke beitragen. Zum Abschluss des Warm-ups verleihen u. a. Animal Movements (Bear Walk, Monkey etc.) die nötige Stabilität im Rumpf.
Der Hauptteil wird üblicherweise im Zirkel organisiert. Es werden verschiedene Stationen aufgebaut, die die Teilnehmer in einem festen Rhythmus durchlaufen. Nach Ablauf der Zeit wird die Übung gewechselt und eine kleine Pause eingelegt. Da diese kurz ist, sollte der Zirkel so organisiert sein, dass die jeweils nächste Übung eine andere Körperpartie in den Fokus stellt. Nach einer armdominanten Übung wäre dann bspw. eine beindominante Übung an der Reihe. Sobald eine Runde eines Zirkels absolviert wurde, kann diese beliebig oft wiederholt werden bzw. die Übungen können ausgetauscht werden. Als Alternative kann die Vorgabe „As many rounds as possible“ lauten; hier wird ein fester Zeitraum (z. B. 15 Minuten) vorgegeben und die Übungen werden nach einer bestimmten Wiederholungszahl (z. B. 20 Wdh.) gewechselt. Hier muss jedoch sichergestellt werden, dass es zu keinen Staus vor den Stationen kommt, wenn die Wiederholungen in unterschiedlichen Tempi durchgeführt werden. Das Leitertraining
ist ähnlich angelegt wie „As many rounds as possible“, lediglich erhöht sich die Wiederholungszahl der einzelnen Übungen von Runde zu Runde. Die Übungen selbst können eine oder mehrere der fünf motorischen Fähigkeiten ansprechen. Ausdauer und Koordination können durch den Einsatz einer Koordinationsleiter gefördert werden. Medizin- oder Slamballs, eingesetzt als Wurfobjekte, stellen die Schnelligkeit auf die Probe. Kraft wird durch Klassiker wie Liegestütze oder Ruderübungen am Schlingentrainer gefordert. Die Beweglichkeit wird vor allem durch Übungen mit einem großen Bewegungsspielraum in den beteiligten Gelenken trainiert. Der Reverse-Butterfly mit Tubes richtet die eingefallene Körperhaltung des Büroarbeiters mit Sicherheit wieder auf. Gerade weil es für viele Kunden die einzige Trainingseinheit in der Woche darstellt, ist solch ein Training, das den Körper auf so vielen motorischen Ebenen triggert, ein wichtiger Beitrag für eine ganzheitliche Gesundheit – für das Herz, den Kreislauf und den Bewegungsapparat. Für den Cool-down eignet sich ein gemeinschaftliches Auslaufen oder leichte Stretchübungen. Die Einheit endet mit einem High Five, Applaus an die Gruppe und möglicherweise einem kleinen Ausblick auf die kommende Einheit.
„TROCKENÜBUNGEN“ VORSCHALTEN
Als Instructor hast du die Aufgabe, die Übungen zu demonstrieren und bei Bedarf zu korrigieren. Es bietet sich daher an, die Übungen zunächst einmal von der Gruppe im Gesamten „trocken“ und ohne Geräte ausführen zu lassen. So besteht die Möglichkeit, die Charakteristika einer jeden Übung in der Gruppe verbal anzuleiten, vorzuführen und die Charakteristika herauszustellen. Die Teilnehmer können die Übung danach ausprobieren und der Instructor kann bereits hier Korrekturen vornehmen. Bei der Planung der Übungen ist die Heterogenität der Teilnehmer ein entscheidender Faktor. Denn von durchtrainierten Hobbyathleten bis zu übermotivierten Anfängern sind alle Arten von Teilnehmern vertreten. Daher sollte der Instructor darauf vorbereitet sein, spontan leichtere und auch schwierigere Varianten jeder Übung anbieten zu können. Während die Fortgeschrittenen beispielsweise reguläre Burpees durchführen, nimmt der Anfänger als Handauflagefläche eine Bank bzw. eine andere Erhöhung. Sprünge aus dem Stütz in die Hocke und von der Hocke in den Strecksprung werden weniger dynamisch und ohne das Element des Sprungs durchgeführt.
QUALITÄT VOR QUANTITÄT
Über die Gesamtheit der Einheit sollte eine qualitativ saubere Durchführung der Übungen gewährleistet sein. Demnach ist die Intensität so festzulegen, dass am Ende des Zeitintervalls noch 2–3 Wiederholungen durchgeführt werden könnten bzw. 5–10 Sekunden vor der Belastungsgrenze liegen. Hierbei gilt: Je höher das Fitnesslevel des jeweiligen Teilnehmers, desto näher kann dieser tatsächlich an seine Belastungsgrenze gehen. Nach dem Hauptteil lässt sich noch ein Post-Hauptteil anknüpfen: noch ein paar Kalorien mehr mit einem kleinem Bauch-Burner-Zirkel, einer kurzen Tabata-Einheit (3 x 3 Übungen à 20 sec/10 sec) oder eine kleine Team-Challenge, um die Gruppendynamik weiter zu stärken.
FANGSPIEL MIT DEM BATTLE ROPE
Wie wäre es zum Beispiel mit einem mit dem Battle Rope verknüpften Fangspiel? Die Teilnehmer werden hierfür in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe erhält das eine, die andere Gruppe das andere Ende des Seils. Nun wird dieses auf Spannung gezogen, indem sich die Gruppen voneinander entfernen. Das Ziel ist, dass die eine Gruppe die andere Gruppe einfängt. Da das Seil auf Spannung gehalten werden muss, bewegen sich die Gruppen demnach im Kreis.
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BIZEPS & BANANENBROT
In unserer neuen Podcast-Folge von Bizeps & Bananenbrot steht David noch einmal Rede & Antwort auf alle Fragen rund um das Thema Bootcamp!
Über David Klinkhammer:
David Klinkhammer ist mit seinem Hintergrund als Sportwissenschaftler (B.A.), Fitness- und Athletiktrainer sowie Ernährungsberater Tutor & Dozent an der Deutschen Sportakademie. Hier betreut & begeistert er die Studenten zu Themen wie Trainingsplanung- und Steuerung, Fitnesstraining in der Praxis, zielgruppenspezifische Trainingsplanung im Cardiotraining und Motivationstraining im Personal Training.
Als leidenschaftlicher Sportler und selbstständiger Fitnesstrainer bietet er Bootcamps und Athletiktrainings in Köln an. Abschalten kann er am besten beim Kochen, bei dem er seine kulinarische Inspiration überwiegend von den vielen Reisen durch Europa und Asien hernimmt.
Zusatzmaterial: