Gesunder Zuckerersatz auf dem Prüfstand
Folgen unseres Zuckerkonsums & mögliche Zuckeralternativen
von David Klinkhammer
Während das Adjektiv süß, positiv behaftet ist, löst das Nomen, welches es beschreiben soll, eine eher zwiegespaltene Haltung aus. Zucker ist physiologisch betrachtet Energielieferant, Geschmacksträger, Auslöser von Glücksgefühlen, aber auch der Grund ernsthafter chronischer Erkrankungen. Der bestmögliche Kompromiss wären Zuckeralternativen, die in gewissen Dosen als unbedenklich, gar gesundheitsfördernd angesehen werden und dennoch geschmacklich überzeugen können. In diesem Blogartikel nehmen wir einige unter die Lupe.
Der Weg des Zuckers durch den menschlichen Körper
Wenn wir im Alltag von Zucker sprechen, meinen wir meist Haushaltszucker (Saccharose), welcher aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnen wird. In seiner eigentlichen Bedeutung beschreibt der Zucker die Gruppe der Kohlenhydrate. Diese sind wichtige Energielieferanten, um unseren täglichen Grundumsatz zu decken, welcher unsere Vitalfunktionen und körperlichen Funktionen aufrechterhält.
Kohlenhydrate bestehen aus einzelnen Zuckermolekülen und werden je nach Anzahl in Einfach-, Zweifach- oder Mehrfachzucker unterschieden. Damit die Kohlenhydrate ins Blut übergehen können, müssen diese im Verdauungstrakt zunächst immer zu Einfachzucker aufgespalten werden. Durch die Ausschüttung des Hormons Insulin gelangt die Glukose (Einfachzucker) schließlich in die Körperzellen. Eine entscheidende Stellgröße in diesem Prozess ist, wie schnell das Ganze von statten geht. Dabei sind Qualität (Länge der Zuckerkette) und Quantität (Menge) des Zuckers entscheidend. Je kürzer die Kette und höher die Menge, desto höher die sogenannte glykämische Last und das wiederum macht sich beim Blutzuckerspiegel bemerkbar, da ebenso schnell Insulin bereitgestellt wird.
Paradox ist, dass der menschliche Körper bei einem raschen Abfall des Blutzuckerspiegels mit Heißhungerattacken reagiert, obwohl der Energiebedarf i.d.R. bereits gedeckt ist. Dies führt dazu, dass wir am Tag mehr Energie zu uns nehmen, als wir eigentlich benötigen würden. Das wiederum geht langfristig mit einer Erhöhung des Körpergewichts einher. Obendrein schafft Zucker eine schnelle Abhängigkeit, da es die Opioidrezeptoren in unserem Gehirn aktiviert, was unser Belohnungssystem anregt.
Trotz all der negativen Eigenschaften sorgt Zucker dafür, dass wir uns wohlfühlen. Aufschluss, wie viel „Zucker“ (Einfach- und Zweifachzucker) ein verarbeitetes Lebensmittel liefert, geben die Produktinformationen auf der Rückseite von Verpackungen. Hier ist dann von „Kohlenhydraten davon Zucker“ die Rede. Den Rest der Kohlenhydrate machen Dreifach-, Vierfach- und andere Mehrfachzucker aus.
Zuckerkonsum und seine Folgen!
Der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker in Deutschland lag im Jahr 2020/21 bei rund 32,5 kg, was einem täglichen Konsum von ca. 89 Gramm pro Tag entspricht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt lediglich einen Konsum von 25-50 Gramm freien Zucker pro Tag. Mit einer fast vierfach höheren Dosierung steigt das Risiko an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben um 38 %. Kein Wunder, dass die häufigsten Todesursachen in Deutschland Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Selbstverständlich sind diese nicht allein auf den Konsum von Zucker zurückzuführen. Rauchen, mangelnde Bewegung und allgemein eine ungesunde Ernährung fördern diese Zahlen.
Zuckeralternativen auf dem Prüfstand
Einfach- & Zweifachzucker (Disaccharide) sind die Sorten, die wir als geschmacklich empfinden. Dabei stellen Disaccharide, wie unser Haushaltszucker (Saccharose), eine Verbindung zweier Einfachzucker (Glukose und Fruktose) dar. Beim Kochen und Backen verleiht er unseren Gerichten Aroma und Struktur. Es ist daher schwierig, Zucker gänzlich aus unserem Ernährungsplan zu streichen. Ideal wären Alternativen zum konventionellen Zucker, die die Eigenschaften „gesundheitsförderlich“ und „Geschmack“ verbinden. Zu diesem Zweck haben wir folgende Zuckeralternativen auf den Prüfstand genommen.
Agavendicksaft – ja, aber…!
Agavendicksaft wird als gesunde Zuckeralternative propagiert. Bereits die Azteken setzten auf die heilende Wirkung der Agave. Diese Wirkung lässt sich jedoch nicht 1 zu 1 auf den Dicksaft übertragen. Obwohl er weniger Kalorien und die geringste glykämische Last aller Zuckeralternativen besitzt, enthält er keine nennenswerte Nährstoffmenge. Hinzu kommt, dass 75 % des Zuckers aus Fruktose (Einfachzucker) besteht.
Beobachtungsstudien bei Tieren und Menschen haben gezeigt, dass ein übermäßiger Konsum von Fruktose Gewichtszunahme, die Entwicklung einer Fettleber, aber auch Gicht und Bluthochdruck fördern kann. Zudem ist Fruktose nicht von jedem Menschen verträglich. Das liegt daran, dass Fructose, anders als Glucose, keine schnell verfügbare Energie liefert. Der menschliche Organismus ist nicht auf Fruchtzucker angewiesen und der Stoffwechsel ist mit einer großen Menge schnell überfordert. Die Verarbeitung erfolgt über den Dünndarm, wo er über spezielle Transporterproteine in die Blutbahn gelangt und in der Leber abgebaut wird.
Ahornsirup – mehr als nur ein Pancake-Veredler!
Der süße Saft des Ahornbaums wird nach Schöpfung eingekocht, um ihn länger haltbar zu machen. Das fertige Produkt weist einen Zuckergehalt von 60 % auf und hat ein Drittel weniger Kalorien als Zucker. Kurios: Ahornsirup soll die Wirksamkeit einer Antibiotikatherapie verdreifachen, indem es die Bakterien anfälliger für das zugeführte Antibiotika macht. Grund dafür sind bestimmte Polyphenole, die eine antiseptische und antioxidative Eigenschaft vorweisen.
Obwohl Ahornsirup überwiegend aus Saccharose besteht, liefert er ebenfalls freien Einfachzucker wie Glukose und einen geringen Anteil an Fruktose. Letzteres gilt bei Unverträglichkeiten wiederum zu beachten. Die glykämische Last ist aufgrund des hohen Wasseranteils sehr gering.
Honig – Die antibakterielle Wunderwaffe:
Honig wird entweder aus Honigtau (Nadelbäumen) oder Blütennektar gesammelt und im Bienenstock durch Enzyme weiter zum Endprodukt verarbeitet. Honig besteht zu 80 % aus Zucker, wobei die Hauptmenge vor allem Glucose ausmacht. Je nach Fructose-Glucose-Verhältnis ist er eher fest (mehr Glucose) oder flüssig (mehr Fructose). Empfehlung: aufgrund des höheren Glucoseanteils eher festere Varianten verwenden.
Honig enthält wenig Vitamine und Mineralstoffe, punktet aber in der Kategorie Antioxidantien. Deswegen gelten die antibakteriellen, antientzündlichen und antiviralen Eigenschaften des Honigs bei einer Vielzahl von Erkrankungen als Wunderwaffe. Insbesondere bei Halsschmerzen konnten Studien eine positive Wirkung von Honig aufweisen. Ab 40 °C verliert er jedoch diese Wirkung, weshalb er in Tee und warmer Milch lediglich einen süßenden Charakter einnimmt.
Bei der Qualität des Honigs sollte man einen Blick auf den Hydroxymethylfurfural (HMF) Wert werfen. Je weniger von diesem Abbauprodukt nachgewiesen werden kann, desto naturbelassener der Honig.Exkurs: Manuka Honig?
Der Exportschlager aus Neuseeland stammt, wie der Name schon sagt von dem Manuka-Baum (Südseemyrthe). Das Luxusprodukt (1 kg = 70 - 240 €) verspricht eine noch höhere Wirksamkeit als konventioneller Honig, was die antibakterielle Wirkung etc. angeht. Grund dafür ist Methylgloxal (MGO) welchem man insbesondere bei der Wundheilung, im Rachen oder bei Darmbeschwerden eine antibakterielle Wirkung zuschreibt. Manukahonig behält zudem, im Gegensatz zu herkömmlichem Honig, auch bei der Erhitzung über 40 Grad seine positiven Eigenschaften.
Kokosblütenzucker – mehr Schein als Sein?
Eine Kokospalme könnte einen ganzen Supermarkt füllen. Allein aus den Kokosnüssen können Wasser, Milch, Fett, Mehl, Mus, Öle und Kosmetika gewonnen werden. Aus den Blüten der Kokospalme wird jedoch ein weiteres prominentes Produkt gewonnen, der Kokosblütenzucker. Der Nektar der Blüten wird hierbei so lange in einem Vakuum-Dampfkocher eingekocht, bis die charakteristische bröselige Masse entsteht.
Vom kalorischen Gehalt unterscheidet er sich kaum vom Haushaltszucker, auf 100 gr. kommen 384 kcal (Haushaltszucker = 400 kcal). Die glykämische Last ist aufgrund der Zuckerzusammensetzung und der kalorischen Menge ähnlich wie bei üblichem Haushaltszucker. Zudem weist er ähnlich wie Agavendicksaft einen hohen Anteil an Fructose auf (40 %). Das Einzige, was ihn positiv vom Haushaltszucker unterscheidet, sind die geringen Mengen an Mikronährstoffen.
Muscovado Zucker – noch roher als Rohrohrzucker!
Durchstreift man diverse Kochblogs bzw. Podcasts stößt man immer mal wieder auf Muscovado Zucker. Ein aufkeimender Trend? Bei dem Zucker handelt es sich um den ungereinigten Rohrohrzucker, welcher eine sehr weiche, fast schon feuchte Konsistenz aufweist. Vom kalorischen Gehalt bzw. der glykämischen Last verhält er sich ähnlich wie Kokosblütenzucker. Jedoch besteht er ähnlich, wie Haushaltszucker überwiegend aus Zweifachzucker.
Aufgrund der Naturbelassenheit des Produkts trumpft er gegenüber seinem verarbeiteten Pendant mit wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen auf. Salatdressings oder würzige Soßen, aber auch Obstsalate, Müsli, Joghurt oder Quark lassen sich in geringem Maß mit dem grobkörnigen Zucker verfeinern. Aufgrund des ähnlichen Schmelzpunktes wie klassischer Haushaltszucker lässt er sich hervorragend beim Backen verwenden und kann diesen hier 1:1 ersetzen. Mit einem Preis von 10 -15 € / Kilo bleibt jedoch die Frage, ob es das einem Wert ist.
Fazit:
Es lässt sich festhalten, dass keine der aufgeführten Zuckeralternativen unbedenklich in großen Mengen verzehrt werden sollte. Fakt ist: Zuckeralternativen enthalten ebenfalls Zucker und dieser führt zu den oben beschriebenen Effekten im menschlichen Organismus. Bei manchen Produkten fallen die Effekte nur unerheblich geringer als beim Referenzprodukt aus. Die teilweise enthaltenen wertvollen Mikronährstoffe und Vitamine sollten ebenfalls nicht überbewertet werden. Es würde größere Dosen benötigen, um hier seinen täglichen Bedarf zu decken. Den größtmöglichen gesundheitsförderlichen Effekt erzielt man durch die deutliche Reduzierung des Zuckerkonsums. Hier ist es ratsam, sich nach den Vorgaben der WHO richten (25-50 Gramm/Tag).
Bei der Auswahl des Alternativprodukts sollte man sich nicht an der Nase herumführen lassen. Gerade bei Produkten, die als gesund deklariert werden, lohnt es sich genauer hinzuschauen. Oftmals sind diese teurer und unterscheiden sich nur geringfügig vom Haushaltszucker. So etwa Kokosblütenzucker. Ahornsirup und Honig können in unserem Check mit einer Vielzahl antibakteriellen und antioxidativen Eigenschaften glänzen.
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Über David Klinkhammer:
David Klinkhammer ist mit seinem Hintergrund als Sportwissenschaftler (B.A.), Fitness- und Athletiktrainer sowie Ernährungsberater Tutor & Dozent an der Deutschen Sportakademie. Hier betreut & begeistert er die Studenten zu Themen wie Trainingsplanung- und Steuerung, Fitnesstraining in der Praxis, zielgruppenspezifische Trainingsplanung im Cardiotraining und Motivationstraining im Personal Training.
Als leidenschaftlicher Sportler und selbstständiger Fitnesstrainer bietet er Bootcamps und Athletiktrainings in Köln an. Abschalten kann er am besten beim Kochen, bei dem er seine kulinarische Inspiration überwiegend von den vielen Reisen durch Europa und Asien hernimmt.