Wenn der Rücken schmerzt

Yoga gegen Rückenschmerzen

von David Klinkhammer

Wenn der Rücken schmerzt, schlägt das auf die Stimmung. Vermutlich hatte jeder schon einmal mit dem Zwicken und Zwacken in einem Bereich der 24 Wirbel zu kämpfen. Zumindest belegen Zahlen, dass es sich hierbei um keine Seltenheit handelt. Laut der Techniker Krankenkasse (TK) gehen 77 Arbeitsunfähigkeitstage, je 100 Versicherungsjahre bei TK-Versicherten, auf Rückenschmerzen zurück. Die AOK berichtet, dass jeder Zehnte ihrer Versicherten im Jahr 2019 mindestens einmal wegen Rückenschmerzen ausfiel.

Bei diesen Phänomenen handelt es sich in den meisten Fällen um kein bestimmtes Krankheitsbild, welches wie eine Erkältung schnell diagnostiziert wird und mit der entsprechenden Medikation behandelt werden kann. Rückenschmerzen sind oftmals sehr unspezifisch - der Brandherd schwer auszumachen. Befasst man sich etwas näher mit den Betroffenen, ist die Ursachen jedoch schnell ausfindig gemacht. Ein Blick auf den Lebensstil des Betroffenen reicht: Einseitige Bewegungen und/ oder ein geringes Bewegungsausmaß am Tag stehen im Zusammenhang mit den o.g. Schmerzen. Hinzu kommen weitere Risikofaktoren wie Übergewicht, übermäßiger Stress oder ein ergonomisch falsch eingestellter Arbeitsplatz.

Wenn die Glieder oder der Rücken Schmerzen zeigen, muss Pause und viel Ruhe her, oder nicht? Nein, denn Inaktivität ist wie eine Radikaldiät für unseren Bewegungsapparat und bedeutet nichts anderes, als dass er unterernährt wird. Faszien, Gelenkknorpel und auch Bandscheiben werden erst durch Bewegung ernährt. Muskeln, Sehnen und Bänder erhalten durch Bewegungen ihre volle Funktionsfähigkeit. Andersherum bedeutet dies: bleiben diese Reize aus, verlieren wir unsere kontrollierte Körperhaltung und alltägliche Bewegungen fallen zunehmend schwerer. Betrachten wir unsere Wirbelsäule, kommt es zu Fehlhaltungen, wie ein Rundrücken oder Hohlkreuz. Ein eher ungünstigerer Umbau der Wirbelsäulen-Architektur. Die doppelte S-Form ist so modelliert, dass Druckbelastungen, welche durch die Schwerkraft in Verbindung mit unserem Körpergewicht entstehen, gleichmäßig auf die Wirbel verteilt werden. Die Bandscheiben, welche zwischen unseren einzelnen Wirbelkörpern liegen, nehmen hier eine Art Pufferfunktion (Airbag) ein. Ein Bewegungsmangel kann also zu einer ganzen Kaskade an Problemen führen, welche uns der Körper mit Schmerzen signalisiert. Psychische Faktoren können in dieser Kaskade wie ein Katalysator wirken. Denn Stress bedeutet Anspannung und Anspannungen geht einher mit Verspannung. Faszientraining, Rückenschulen, gerätegestütztes Krafttraining und progressive Muskelrelaxation sind für den Trainer das gesuchte nicht-verschreibungspflichtige Medikament. Doch warum so neumodisch und eindimensional denken, wenn die Lösung schon älter als 4000 Jahre ist? Schonmal was von Yoga gehört? 

 

Mehrdimensionaler Ansatz Yoga

Der Begriff Yoga stammt von der Sanskrit-Wurzel „yuj“ und bedeutet Vereinigung/seine Aufmerksamkeit lenken und konzentrieren.

Yoga ist in den Köpfen der meisten Praktizierenden purer Lifestyle. So zieren Yogamatten die Fahrräder vieler Berufstätiger im Feierabendverkehr. Anzüge werden nach Feierabend gegen Yogapants getauscht und ab geht’s in den herabschauenden Hund und Co. Obwohl Yoga so omnipräsent in unserem Alltag ist, wissen vermutlich die wenigsten, wo die Wurzeln liegen. Die aus Indien stammende Praktik verbindet Schlüsselkomponenten wie Körperhaltungen (Asanas), Atemtechniken (Pranayama), Entspannung und Meditation (Dhyana) und bringen Körper und Geist in Einklang. Es gibt zahlreiche moderne Schulen oder Arten von Yoga (Iyengar, Viniyoga, Sivananda, etc.), die einen eigenen Schwerpunkt in Bezug auf den Inhalt legen. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird Yoga als therapeutische Intervention angewendet und macht sich die verschiedenen psychophysiologischen Vorteile der einzelnen Praktiken zunutze. Die körperlichen Übungen (Asanas) fördern Beweglichkeit, Koordination und Kraft des Ausübenden. Verschiedene Atemübungen und die Meditation helfen dabei, Stress abzubauen. Hinzu kommt das Praktizieren in einer Gruppe. So zeigten Studien, dass Gruppenaktivitäten den Stresslevel reduzieren, sowie den mentalen und emotionalen Zustand verbessern können.

 

Das sagt die Wissenschaft!

Die oben genannten biologischen, psychischen und sozialen Aspekte identifizieren sich als Goldstandard in der Behandlung chronischer unspezifischer Rückenschmerzen.

Yoga wird von den National Institutes of Health als eine Form der komplementären, ganzheitlichen Medizin klassifiziert. Diese Anerkennung wurde in der Vergangenheit wissenschaftlich untermauert. Eine Studie der University of Washington ergab, dass 80 % der teilnehmenden Probanden, welche unter starken Rückenschmerzen litten, nach einer 10-wöchigen Yogaintervention (1x pro Woche 90 Minuten) die Symptome derart lindern konnten, dass sie ganz auf Schmerzmittel verzichten konnten. Die University of California bescheinigt Yoga eine positive Wirkung auf Stress und Stimmungsschwankungen. Anspannungszustände, Depressionen und Wut konnten bei den Probanden nachweislich gesenkt und die Vitalität verbessert werden. Als Grund für den stimmungsaufhellenden Effekt kann der Neurotransmitter GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) genannt werden. Im zentralen Nervensystem ist er einer der am häufigsten vorkommende Botenstoff. Anders als Adrenalin und Dopamin hat er jedoch eine beruhigende Wirkung auf unser Nervensystem. Durch einen niedrigen GABA-Spiegel kann das Nervensystem in einen Zustand der Dauererregung fallen, was sich mitunter durch Konzentrationsschwäche oder Schlaflosigkeit bemerkbar machen kann. Eine Studie der Boston University fand heraus, dass der GABA-Spiegel bei seinen teilnehmenden Probanden nach einer Yogastunde deutlich erhöht war. Neben der Bildgebung (MRT) dieses Ergebnisses, gaben die Teilnehmer auch einen Zustand der inneren Ruhe zu Protokoll.

 

Fazit

Wenn der Rücken schmerzt, schlägt das auf die Stimmung. Eine schlechte Stimmung führt zu innerer Unausgeglichenheit, was durch Anspannungszustände verstärkend auf die Schmerzsymptome wirkt - ein Teufelskreis. Statt den Schmerz auszuliegen, ist Bewegung die richtige Medizin. Yoga macht sich hier als multidimensionaler Ansatz gerade für unspezifische Rückenschmerzen als Goldstandard bemerkbar. Die Mischung aus Bewegung und Entspannung erlaubt es dem praktizierenden Individuum, seine Kraft, Ausdauer und Flexibilität zu verbessern. Eine Reduktion von Stress und die Förderung von Entspannung tragen zudem zu einer inneren Ausgeglichenheit des Individuums bei, welches durch das Gruppengefüge in den einzelnen Einheiten verstärkt wird.

 

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  David Klinkhammer

 

 

 

Über David Klinkhammer:

David Klinkhammer ist mit seinem Hintergrund als Sportwissenschaftler (B.A.), Fitness- und Athletiktrainer sowie Ernährungsberater, Tutor & Dozent an der Deutschen Sportakademie. Hier betreut & begeistert er die Studenten zu Themen wie Trainingsplanung- und Steuerung, Fitnesstraining in der Praxis, zielgruppenspezifische Trainingsplanung im Cardiotraining und Motivationstraining im Personal Training.

Als leidenschaftlicher Sportler und selbstständiger Fitnesstrainer bietet er Bootcamps und Athletiktrainings in Köln an. Abschalten kann er am besten beim Kochen, bei dem er seine kulinarische Inspiration überwiegend von den vielen Reisen durch Europa und Asien hernimmt.

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