Stressmanagement – wie kann ich Stress managen?
Umgang und Methoden zur Stressbewältigung
von Annika Klein, 04/23, Lesezeit: 5 Minuten
Dass wir Stress empfinden, hat evolutionäre Gründe. Eigentlich ist Stress nämlich eine natürliche Reaktion des Körpers auf Gefahr. Heute sind wir den Bedrohungssituationen, die Flucht oder Kampf zufolge hatten, nur noch selten ausgesetzt. Das Ausschütten der Stresshormone, um kurzfristig die körperliche Leistungsfähigkeit hochzufahren, bleibt uns aber erhalten. Und auch wenn uns manchmal das Gefühl beschleicht, in stressigen Situationen die Flucht ergreifen zu wollen, bleibt es in den meisten Fällen wohl bei diesem Wunschgedanken. Was, wenn sich Stress-Situationen häufen? Was passiert, wenn unser Körper zu lange oder gar dauerhaft in einem Stresszustand ist? Wir werden krank.
Folgen von Stress am Arbeitsplatz
Stress am Arbeitsplatz entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu den häufigsten Auslösern stressbedingter Krankheiten. Überlastung, Termin- und Zeit-Druck, schlechte Arbeitsplatzbedingungen, Ablenkung, Informationsüberflutung. Für sich stehend können diese Stress-Faktoren, auch Stressoren genannt, schon ein ungutes Gefühl auslösen, doch ein Stress-Faktor kommt selten allein. Weiß man nicht richtig damit umzugehen, kann das unwohle Gefühl zu einem Dauerzustand werden.
2021 erreichten die Fehltage durch psychische Erkrankungen laut einigen deutschen Krankenkassen einen neuen Höchststand. Im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren ist das ein Anstieg von 41 Prozent.
Stress und Belastung am Arbeitsplatz wirken sich unterschiedlich aus. Hinzu kommt, dass jeder Mensch seine eigene Belastungsgrenze hat. Stresslevel und die Art und Weise, mit Stress umzugehen, ist individuell. Klar ist aber, dass Stressprävention dort ansetzen sollte, wo Stress ausgelöst wird – in vielen Fällen also am Arbeitsplatz.
Studien haben außerdem gezeigt, dass Stress nicht für sich allein steht, sondern auch Auswirkungen auf andere Erkrankungen hat. Das bedeutet, dass gestresste Menschen häufiger mehr leiden als nicht gestresste Menschen.
Positiver vs. negativer Stress
Manche Situationen im (Arbeits-)leben lassen sich nicht vermeiden. Somit gibt es hin und wieder Phasen, in denen mehr Arbeit anfällt, mehr zu tun ist oder weniger Human-Power zur Verfügung steht. Stress bedeutet auch nicht per se etwas Schlechtes oder wirkt sich ausschließlich negativ aus. Stress ist ein Empfinden, das auf unterschiedlichste Weise wahrgenommen werden kann. Dabei ist es wichtig, dem unterschiedlichen Empfinden nicht seine Berechtigung abzusprechen. In einigen Fällen kann Stress auch in etwas Positives umgewandelt werden.
Es gibt Menschen, die sogar genau diesen Stress brauchen, um erst richtig funktionieren zu können oder das Beste aus sich und ihrer Arbeit rauszuholen. Positiven Stress, also Eustress empfindet man, wenn man gewissen Aufgaben euphorisch gegenübersteht. Du bist dann dazu in der Lage, Dich nur auf Deine Tätigkeit zu konzentrieren und lässt Dich nicht von Deinem Umfeld oder anderen kleineren Aufgaben ablenken. Dir fällt es leicht, die anstehenden Dinge zu erledigen. Auch beim Sport können wir Eustress empfinden. Wichtig ist ein gesundes Stresslevel und die passenden Methoden Stress zu managen.
Was bedeutet Stressmanagement?
Verschiedene Methoden, die dazu beitragen, Stress zu reduzieren, vorzubeugen oder ihn zu bewältigen, werden unter dem Begriff Stressmanagement zusammengefasst. Wie kannst Du Stressmanagement auf der Arbeit umsetzen? Hierzu sollten wir uns noch mal ins Gedächtnis rufen, dass genau wie das Stressempfinden auch Prävention und Bewältigung individuell sind. So gerne wir auch manchmal DAS Rezept oder DIE Anleitung gegen Stress wünschen, muss am Ende des Tages jede Person für sich selbst herausfinden und ausprobieren, was am besten hilft.
Ein wichtiger Begriff, der immer wieder im Zusammenhang mit Stressmanagement auf der Arbeit oder im privaten Umfeld genannt wird, ist Resilienz. Resilienz beschreibt die Widerstandsfähigkeit gegen Stress und den leichteren Umgang mit alltäglichen Herausforderungen. Und die kann man lernen. Aufgrund der hohen Relevanz von Resilienz gibt es inzwischen auch Resilienztrainer Ausbildungen, die genau darauf ausgelegt sind, wie individuelle Stressbewältigung funktioniert, und wie man besagte Widerstandsfähigkeit erlernen kann. Stressmanagement ist auch ein zentrales Thema für Führungskräfte. Wie gehe ich mit meinem eigenen Stress um? Was kann ich tun, um Stressoren innerhalb meines Teams zu verringern?
Die eigene, innere Einstellung zu stressauslösenden Faktoren ist ein zentraler Punkt, wenn es um Stressmanagement geht. Körper und Psyche sind so eng miteinander verbunden, dass sich der Körper merkt, wann Stress ausgelöst wird und wie es sich anfühlt.
Stressmanagement Methoden
Für Dein Stressmanagement auf der Arbeit und zu Hause ist zunächst entscheidend, herauszufinden, welche Situationen zu Deinen Stressoren zählen. Das können Zeitdruck, zu viele Aufgaben oder zu hohe Ansprüche sein, aber auch zu viele Verpflichtungen und zu wenig Zeit für Dich. Daher gilt: Sei aufmerksam und beobachte, wann Stress in Dir ausgelöst wird.
Ein gutes Zeitmanagement kann Dir dabei helfen, stressauslösende Faktoren zu reduzieren. Erstelle To-Do-Listen, nimm Dir explizit Zeit für Dich oder für eine bestimmte Aufgabe. Und vor allem: Plane kleine Pausen ein. Es kann auch hilfreich sein, sich einen bestimmten zeitlichen Rahmen für eine Aufgabe zu geben.
Manchmal ist es zu einfach, um darauf zu kommen. Aber das gute alte „erst mal tief durchatmen“ ist immer ein großartiger Anfang, auch für Dein Stressmanagement auf der Arbeit: Tief durchatmen, kurz zurücklehnen und die Situation evaluieren. Denn so lernt auch unser Körper, uns nicht beim kleinsten Anzeichen von herausfordernden Situationen, uns mit Stresshormonen zu überschütten. Bei allen Methoden ist es vor allem wichtig, sich und dem eigenen Körper Zeit zu geben. Eine Sprache lernen wir auch nicht von heute auf morgen und genauso verhält sich unser Kopf und unser Körper mit Resilienz. Wir müssen üben, regelmäßig, immer und immer wieder und dran bleiben. Und wir müssen lernen, nicht zu streng mit uns zu sein. Lässt man sich von der ein oder anderen Situation doch schneller aus der Ruhe bringen, gibt es mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit noch viele weitere, in der wir unsere Resilienz trainieren können.
Entspannungsübungen und Sport gegen Stress
Verschiedene Entspannungsübungen, können Dir dabei helfen, besser mit Stress umzugehen. Dabei gilt auch hier, auszuprobieren, was für Dich selbst am besten passt. Progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Mindfulness Training oder Yoga. Inzwischen gibt es ein breit gefächertes Angebot, das man in einigen Fällen sogar von zu Hause lernen, praktizieren und üben kann. Auch Meditation ist nicht mehr nur Teil eines Lifestyles, sondern verbessert erwiesenermaßen die Lebensqualität. Wer regelmäßig meditiert, kann besser mit Stresssituationen und anderen körperlichen Beschwerden umgehen, stärkt die psychische Gesundheit und steigert seine Lebensqualität.
Tipp:
Achtsamkeitsübungen und Atemtechniken können Dir auch helfen, in die Entspannung zu kommen. In unserem Podcast zeigen wir Dir wie - mit der 4-7-8 Methode!
Bewegung und Sport tragen ebenfalls zu einem besseren Wohlbefinden bei. Es ist wichtig, Routinen festzulegen, die einen festen Platz im Alltag einnehmen. Beides hilft, Stresshormone abzubauen und Glückshormone auszuschütten. Schon ein kurzer Spaziergang in der Mittagspause oder nach Feierabend, vor allem wenn die Sonne scheint und am besten ohne Handy, sind genauso wirksam wie das Auspowern bei Deiner Lieblingssportart.
Die Relevanz von Schlaf und guter Ernährung
Durch Deine Ernährung kannst Du Deine Resilienz ebenfalls unterstützen. Auch, wenn viele im ersten Moment bei „Nervennahrung“ an Schokolade oder andere süße Leckereien denken, solltest Du auf Mikronährstoffe in Deinem Essen achten. Die liefern nämlich die nötige Energie und stärken die Nerven. Du findest sie zum Beispiel in Früchten wie Bananen, Kiwis oder in Nüssen.
In dieser Reihe von Stressmanagement Methoden darf eins außerdem nicht fehlen: ausreichend und gesunder Schlaf. Wir alle kennen die leichtere Reizbarkeit oder weniger Geduld, wenn wir nicht gut oder zu wenig geschlafen haben… oder womöglich beides. Das kann auf Dauer zu Stress und Anspannung führen.
Hinterfrage Deinen Umgang mit Stress
Es ist wichtig, Deine Bedürfnisse und Verhaltensweise regelmäßig zu reflektieren. Oft fällt es Führungskräften schwer, ihr eigenes Stressmanagement umzusetzen. Das Gefühl, neben zahlreichen Terminen „noch eben“ diese eine Aufgabe fertig zu stellen, entsteht schnell. Um Stress zu reduzieren, sollte man nicht nur sich selbst hinterfragen, sondern auch die Relevanz bestimmter Themen. Wird der Stress durch eine bestimmte Situation ausgelöst oder setze ich mich selbst unter Druck? Kommt der Stress womöglich von dritten? Wenn man ein Bewusstsein dafür schafft, sich diese Fragen regelmäßig zu stellen, trainiert man auf Dauer die eigene Widerstandsfähigkeit.
Über Annika Klein
Annika Klein arbeitet mit ihrem Hintergrund als Sportwissenschaftlerin (M.A Rehabilitation, Prävention und Gesundheitsmanagement) als Tutorin an der Deutschen Sportakademie. Hier betreut sie unter anderem die angehenden Resilienztrainer und Betrieblichen Gesundheitsmanager. Sie bringt zahlreiche Erfahrungen als Fitness- und Gesundheitstrainerin mit und ist passionierte Yoga-Lehrerin. Als begeisterte Hobby-Breitensportlerin findet man sie in ihrer Freizeit vor Allem draußen im Grünen, sei es beim Laufen, Fitness, Tennis, Schwimmen oder Beachvolleyball.